Betreff
Beanstandung des Ratsbeschlusses zur Vorlage „Erlass einer Satzung nach § 35 Abs. 6 BauGB (Baugesetzbuch) für den im Außenbereich gelegenen bebauten Bereich „Drespe-Rösterweg“ (Vorlage-Nr.: 2020/00287/) gemäß § 54 Abs. 2 GO NRW i.V.m. § 122 Abs. 1 GO
Vorlage
2020/00316/
Art
Beschlussvorlage

Sachverhalt:

Der Haupt- und Finanzausschuss der Gemeinde Reichshof hat in seiner Sitzung am 09.03.2021 im Rahmen der Delegation gemäß § 60 Abs. 2 GO NRW die Verwaltung beauftragt, das Verfahren zum Erlass einer Satzung nach § 35 Abs. 6 BauGB für den bebauten Bereich „Drespe-Rösterweg“ einzuleiten und das formelle Verfahren durchzuführen.


Ziel des Antrags zur Satzungsaufstellung ist es, das langjährig als Wochenendhaus genutzte Gebäude der Antragstellerin vor einer Rückbauverfügung zu bewahren und legalisieren zu können.


Mit E-Mail vom 24.03.2023 hat Herr Kreisdirektor Grootens Bürgermeister Gennies um Stellungnahme gebeten, ob und aus welchen Gründen die Gemeinde Reichshof den Erlass der angedachten Außenbereichssatzung für rechtmäßig erachtet. Zudem wies er darauf hin, dass rechtswidrige Ratsbeschlüsse gem. §54 Abs. 2 GO NRW vom Bürgermeister zu beanstanden sind; ein Ermessen besteht nicht.


Der Rat der Gemeinde Reichshof hat in seiner Sitzung am 29.03.2023 die Außenbereichssatzung gemäß § 35 Abs. 6 BauGB (Baugesetzbuch) für den bebauten Bereich „Drespe-Rösterweg“ (Vorlage 2020/00287) beschlossen.


Mit Schreiben vom 13.04.2023 hat die Kommunalaufsicht des Oberbergisches Kreises Bürgermeister Gennies gemäß § 122 Abs. 1 Satz GO NRW angewiesen, den Ratsbeschluss gemäß § 54 Abs. 2 GO NRW zu beanstanden und eine erneute Entscheidung des Rates herbeizuführen.


Als Begründung führt die Kommunalaufsicht unter anderem auf: „Im vorliegenden Fall hat die Gemeinde Reichshof ihr Planungsermessen überschritten, denn der Erlass der Außenbreichssatzung „Drespe-Rösterweg“ ist nicht durch die einschlägigen Rechtsverordnungen gedeckt.“ „Anlass für den Satzungserlass war erkennbar der Erhalt des Gebäudes Rösterweg 6. Anhaltspunkte dafür, dass die Gemeinde andere – planungsrechtliche – Gründe zum Erlass der Außenbereichssatzung hatte, sind weder vorgetragen noch erkennbar.“


Rechtliche Grundlagen:

Die Aufsichtsbehörde kann den Bürgermeister anweisen, Beschlüsse des Rates und der Ausschüsse, die das geltende Recht verletzen, zu beanstanden (§ 54 Abs. 2 und 3).“ § 122 Abs. 1 Satz 1 GO NRW.

Die Anweisung zur Beanstandung durch die Aufsichtsbehörde hat der Bürgermeister zu entsprechen, auch dann, wenn er die Voraussetzungen zur Beanstandung für nicht gegeben erachtet.

Die Aufsichtsbehörde des Oberbergischen Kreises hat mit Schreiben vom 13.04.2023 von seinem Recht Gebrauch gemacht, Bürgermeister Gennies anzuweisen, den Ratsbeschluss: „Erlass einer Satzung nach § 35 Abs. 6 BauGB (Baugesetzbuch) für den im Außenbereich gelegenen bebauten Bereich „Drespe-Rösterweg““ vom 29.03.2023 zu beanstanden.


Verletzt ein Beschluss des Rates das geltende Recht, so hat der Bürgermeister den Beschluss zu beanstanden. Die Beanstandung hat aufschiebende Wirkung. Sie ist schriftlich in Form einer begründeten Darlegung dem Rat mitzuteilen.“ § 54 Abs. 2 Satz 1-3 GO NRW


§ 54 GO NRW begründet eine Beanstandungspflicht für den Bürgermeister, wenn Beschlüsse des Rates das geltende Recht verletzen.


Die Beanstandung ist schriftlich in Form einer begründeten Darlegung dem Rat mitzuteilen. Damit hat der Bürgermeister die Möglichkeit, den beanstandeten Beschluss auf die Tagesordnung zur setzen und die Ratsmitglieder unter Beifügen der Beanstandungsverfügung und ggf. seiner eigenen Stellungnahme über die streitige Frage zu informieren, damit der Rat unter Berücksichtigung der vorgetragenen Argumente in der Sache erneut entscheiden kann.


Anders als bei dem Widerspruchsrecht des Bürgermeisters ist ihm bei der Beanstandung keine Frist gesetzt. Die Beanstandung ist grundsätzlich möglich, solange der fragliche Beschluss nicht durchgeführt ist.


Auch wenn dem Bürgermeister keine präventiven Kontrollbefugnisse zustehen, so wird er sinnvoll doch in vielen Fällen schon während der Beratungen auf rechtliche Bedenken hinzuweisen haben.

In der Verwaltungsvorlage 2020/00287 wurde auf die rechtlichen Voraussetzungen zum Erlass einer entsprechenden Satzung, sowie auf mögliche Folgen für andere Ortschaften bzw. Folgekosten hingewiesen. Die Anmerkungen hatten Hinweischarakter und sollten die Ausschuss- bzw. Ratsmitglieder in die Lage versetzen, eine selbstständige Abwägung zu treffen. Im Rahmen des Einleitungsverfahrens lag der Verwaltung eine anwaltliche Beurteilung vor, so dass Bürgermeister Gennies von einem rechtmäßigen Beschluss auszugehen hatte.


Die Beanstandung hat aufschiebende Wirkung.


Bei der Beanstandung hat der Rat erneut darüber zu beschließen, ob er bei dem beanstandeten Beschluss verbleibt oder ob er den Beschluss aufhebt.


Hebt der Rat seinen Ratsbeschluss vom 29.03.2023 auf, so ist das Beanstandungsverfahren als beendet erklärt.


Bleibt der Rat bei seinem Beschluss, so hat Bürgermeister Gennies unverzüglich die Entscheidung der Aufsichtsbehörde einzuholen (§ 54 Abs. 1 Satz 4 GO NRW).

Gemäß § 122 Absatz 1 Satz 2 GO NRW kann die Aufsichtsbehörde nach vorheriger Beanstandung durch den Bürgermeister und nochmaliger Beratung im Rat oder Ausschuss den Beschluss aufheben.

Anlagen:

  1. Vorlage 2020/00287: „Erlass einer Satzung nach § 35 Abs. 6 BauGB (Baugesetzbuch) für den im Außenbereich gelegenen bebauten Bereich „Drespe-Rösterweg“

  2. Beanstandungsverfügung des Oberbergischen Kreises vom 13.04.2023

Der Rat der Gemeinde Reichshof beschließt, den Ratsbeschluss zur Vorlage 2020/00287/ „Erlass einer Satzung nach § 35 Abs. 6 BauGB (Baugesetzbuch) für den im Außenbereich gelegenen bebauten Bereich „Drespe-Rösterweg“ vom 29.03.2023 aufzuheben.


oder


Der Rat der Gemeinde Reichshof bestätigt den Ratsbeschluss vom 29.03.2023 zur Vorlage 2020/00287/ „Erlass einer Satzung nach § 35 Abs. 6 BauGB (Baugesetzbuch) für den im Außenbereich gelegenen bebauten Bereich „Drespe-Rösterweg“