hier: Schreiben der GPA NRW vom 25.02.2021
Sachverhalt:
Anlässlich
der Prüfung des Jahresabschlusses 2019 hat sich die GPA mit
Schreiben vom 25.02.2021 neuerlich zur schlechten
Eigenkapitalausstattung des Betriebes geäußert:
„Der
Betrieb verfügt nur über geringes Eigenkapital; die
Eigenkapitalquote liegt unter sechs Prozent. Den Anstieg gegenüber
dem Vorjahr von rund einem Prozent habe ich zur Kenntnis genommen.
Ich halte es für notwendig, die Eigenkapitalsituation weiter zu
verbessern. Hierzu sollten geeignete Maßnahmen ergriffen
werden. Dies kann – neben einem Verzicht auf eine
Gewinnausschüttung an die Gemeinde Reichshof – auch durch
die Einführung einer Abschreibung nach
Wiederbeschaffungszeitwerten geschehen. Dies würde die nach §
10 Abs. 3 der EigVO
gebotene Bildung von Rücklagen ermöglichen.“
Bereits
mit Schreiben vom 06.03.2019 hat sich die GPA NRW zu der niedrigen
Eigenkapitalausstattung im Gemeindewerk Abwasserbeseitigung geäußert.
Das Schreiben wurde dem
Betriebsausschuss mit der Vorlage
2014/00508/ zur Ausschusssitzung am 17.09.2019
vorgelegt.
Es wurde beschlossen, zunächst die Wirkung der Beschlussfassung des Rates vom 25.09.2018 zur Reduzierung der Auflösungsbeträge aus den Sonderposten in der Gebührenkalkulation mit Hinblick auf die Liquidität und das Eigenkapital zu beobachten.
In der Ausschusssitzung am 25.02.2021 wurde im Rahmen der Wirtschaftsplanberatung 2021 zuletzt nachdrücklich auf die angespannte Finanzierungsproblematik im Abwasserwerk
hingewiesen.
Kurz zusammengefasst liegt das Problem in den seit dem Jahr 2018 stark ansteigenden Tilgungsleistungen, die aus den Kreditaufnahmen im Zusammenhang mit dem Pilotprojekt Wiehltalsperre resultieren und durch das Gebührenaufkommen nicht erwirtschaftet werden. Die entstehende Liquiditätslücke ist durch Kassenkredite zu finanzieren. Wenn die Tilgungsleistungen weiter ansteigen führt dies zu einem weiter anwachsenden Kassenkreditbestand. Wenn nicht gegengesteuert wird, wird in zunehmendem Maße mit Liquiditätskrediten (ungesicherter Zins) die Tilgung finanziert.
Nachfolgend dargestellt ist die Entwicklung des Kassenkreditbestandes seit dem Jahr 2017:
|
Bestand |
Veränderung |
2017 |
-1.979.735,79 € |
|
2018 |
-3.258.188,60 € |
- 1.728.452,81 € |
2019 |
-3.726.749,45 € |
- 468.560,85 € |
2020 |
-4.599.767,49 € |
- 873.018,24 € |
2021 (Sept.) |
-4.072.443,78 € |
- 200.232,31 € |
Für
das Ende des Jahres 2021 ist mit einem Kassenkreditbestand von ca.
-4,5 bis -5,0 Mio. € zu rechnen. Erkennbar ist, dass die
Reduzierung der Auflösungsbeträge aus den
Sonderposten
in der Gebührenkalkulation das Ansteigen des
Kassenkreditbestandes deutlich verlangsamt hat. Zum nachhaltigen
Abbau des Kassenkredites reicht dies jedoch nicht aus, da sich die zu
erbringende Tilgungsleistung auch in den kommenden Jahren auf hohem
Niveau bewegen wird.
Neben der Einführung von Abschreibungen nach Wiederbeschaffungszeitwerten kommt auch die Berücksichtigung einer kalkulatorischen Verzinsung in Betracht, die nach dem KAG NRW ebenfalls zulässig ist.
Für
beide in Betracht kommenden Maßnahmen hat die Verwaltung die
Auswirkungen auf die Gebührensätze bei der Schmutzwasser-
und bei der Niederschlagswassergebühr (vorläufig)
ermittelt.
Im Hinblick auf die kalkulatorische Verzinsung sei
erwähnt, dass unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des
OVG NRW für 2022 ein Zinssatz von bis zu 5,242 % (ohne
Sicherheitszuschlag) angesetzt werden darf. Die Verwaltung hält
eine moderatere Verzinsung von 4,5 % für ausreichend, um
angemessen gegensteuern zu können.
Gebührenauswirkung Abschreibung auf Wiederbeschaffungszeitwerte:
Gebührenart |
Bisher |
Prognose |
Steigerung |
Schmutzwasser Vollanschluss (je m³) |
5,11 € |
5,74 € |
0,63 € |
Niederschlagswasser vollversiegelt (je m²) |
0,85 € |
1,05 € |
0,20 € |
Gebührenauswirkung kalkulatorische Verzinsung in Höhe von 4,5 %:
Gebührenart |
Bisher |
Prognose |
Steigerung |
Schmutzwasser Vollanschluss (je m³) |
5,11 € |
5,70 € |
0,59 € |
Niederschlagswasser vollversiegelt (je m²) |
0,85 € |
1,03 € |
0,18 € |
Da die zukünftige Zinsentwicklung ungewiss ist, birgt ein Kassenkreditbestand von 4,5 Mio. € und mehr ein großes Risiko, falls die Zinsen wieder spürbar ansteigen.
Es ist daher anzuraten, über die Gebührenkalkulation Maßnahmen zu treffen, die einerseits die oben beschriebene Liquiditätslücke schließen und gleichzeitig den Kassenkredit in
absehbarer Zeit spürbar reduzieren, um das Zinsrisiko zu minimieren.
Aus Sicht der Verwaltung ist hierfür die kalkulatorische Verzinsung am besten geeignet. Mit der oben dargestellten Variante (Verzinsung mit 4,5 %) könnte der Kassenkreditbestand innerhalb der nächsten fünf Jahren deutlich reduziert werden.
Natürlich spielen andere Faktoren, wie der Gebührenbedarf aus Unterhaltungsaufwendungen oder die Personalkostenentwicklung weiterhin eine wichtige Rolle bei der Gebührenbedarfs-berechnung.
Die
endgültige Gebührenkalkulation für das Jahr 2022 liegt
zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht vor. Insofern können sich
natürlich bis zur Vorstellung des Wirtschaftsplanes 2022 im
November noch Änderungen ergeben.
Anlagen:
Schreiben der GPA NRW vom 25.02.2021
Der Betriebsausschuss Wasserwerk / Abwasserwerk beauftragt die Verwaltung im Rahmen der Wirtschaftsplanung 2022,
in der Gebührenbedarfsberechnung 2022 eine kalkulatorische Verzinsung in Höhe von 4,5 % anzusetzen oder
in der Gebührenbedarfsberechnung 2022 Abschreibungen nach Wiederbeschaffungszeitwerten anzusetzen oder
die bisherigen Kalkulationsgrundlagen mit der Reduzierung der Auflösungsbeträge aus den Sonderposten beizubehalten.