Beschluss: Kenntnis genommen

Sachverhalt:


Unter E-Government versteht man die Vereinfachung, Durchführung und Unterstützung von Prozessen zur Information, Kommunikation und Transaktion innerhalb und zwischen staatlichen, kommunalen und sonstigen behördlichen Institutionen sowie zwischen diesen Institutionen und Bürgern bzw. Unternehmen und Organisationen durch den Einsatz von digitalen Informations- und Kommunikationstechnologien (IKT)1.

Seit zwei Jahrzehnten wird in Deutschland an E-Government-Lösungen gearbeitet. Lange war das Ergebnis unbefriedigend. Ausgelöst durch das Onlinezugangsgesetz (OZG) soll nun mit dem Portalverbund und einem kommunalen Nutzerkonto bis Ende 2022 eine vernetzte E-Government-Infrastruktur aufgebaut werden.

Das Onlinezugangsgesetz (OZG) vom 14.08.2017 legt fest, dass die kommunalen Verwaltungen alle Leistungen bis Ende 2022 digital über einen Portalverbund zur Verfügung stellen müssen. Der Umsetzungskatalog enthält für Kommunen, die der Größenordnung von Reichshof entsprechen, etwa 50 OZG-Leistungen. Da nicht alle Kommunen über einen eigenen Portalzugang zu allen Online-Lösungen verfügen, befindet sich ein zentrales OZG-Serviceportal für Kommunen in NRW im Aufbau.

Ziel ist es, dass das Kommunalportal NRW den Kommunen Basisdienste und Funktionen zur Verfügung stellt, mit denen diese die Anforderungen des OZG grundsätzlich erfüllen können.

Die Nutzer (Bürger, Einwohner) erhalten somit medienbruchfreien Zugang zu den elektronischen Verwaltungsleistungen. Allerdings müssen diese Verwaltungsleistungen auch weiterhin über die herkömmlichen Zugangswege, etwa postalisch oder z. B. über ein Bürgerbüro, den Nutzern offenstehen. Damit wird es für einen noch nicht abzusehenden Zeitraum ein Nebeneinander von Alt und Neu geben.


Die Portalfunktionalitäten im Portalverbund werden auch in der finalen Ausbaustufe nur die Schnittstelle zu den Einwohner*innen betreffen. Das kommunale E-Government bietet jedoch weit größere Chancen, wenn auch die interne Bearbeitung medienbruchfrei organisiert ist; insbesondere die Integration der Fachverfahren, damit eine erneute Datenerfassungen durch die Mitarbeitenden in der Verwaltung vermieden wird.

Die ganzheitliche Digitalisierung aller Prozesse ist eine große Aufgabe, die nur schrittweise erreicht werden kann. Die begrenzten Kapazitäten sind fokussiert einzusetzen. Dies erfordert die Festlegung von Prioritäten.

Als Priorität ist die Benennung von zentralen Schlüsselprozessen anzusehen. Im Rahmen der weiteren Bestandsbeobachtungen sind weitere Einsatzmöglichkeiten verschiedener E-Government-Services zu identifizieren. Dabei können Kriterien zur Schaffung eines ganzheitlichen Serviceportfolios für eine Lebenslage oder aber die Wirtschaftlichkeit eines E-Government-Projektes in Form der erwarteten Nutzerfrequenz hilfreich sein.

Welche E-Government-Aktivitäten gibt es in der Gemeindeverwaltung Reichshof?

Im Rahmen der Priorisierung standen bisher die Schlüsselprozesse „Rechnungsworkflow“ und „Digitale Akte“ als Teil des Dokumentenmanagements im Vordergrund, weil die digitale Weiterverarbeitung der zu nutzenden Portalleistungen auch einen nachgelagerten digitalen Arbeitsprozess bedingen.

  • Rechnungsworkflow

    • Der Eingangsrechnungsworkflow ist seit dem Geschäftsjahr 2018 aktiviert. Alle eingehenden Rechnungen werden digital bearbeitet, mit dem Buchungssatz verknüpft und digital abgespeichert. Seit Juni 2021 hat unser IT-Dienstleister regio-IT die technischen Voraussetzungen geschaffen, dass auch X-Rechnungen medienbruchfrei verbucht werden können.

    • An einer Lösung für die Ausgangsrechnungen wird derzeit bei regio-IT noch gearbeitet. An dieser zukünftigen Maßnahme hat Reichshof bereits Interessen angemeldet.


  • Dokumentenmanagementsystem (DMS)

Die Einführung der elektronischen Akte ist das Kernelement jeder weiteren Digitalisierungsmaßnahme. Sie erfolgt in mehreren Schritten und orientiert sich hauptsächlich an der Relevanz für das kommunale E-Government.

    • Ende letzten Jahres wurde die DMS-Anwendung „Doxis 4“ von SER Solutions Deutschland GmbH erworben.

    • Aktuell erfolgt die Pilotierung des DMS in der Personal- und Organisationsabteilung. Hier wurde die Grundstruktur des Aktenplans (produktorientiert) festgelegt, die Sachakten zugeordnet und die notwendigen Dienstanweisungen für die einheitliche Handhabung des DMS vorbereitet. Zeitgleich werden bereits Personalakten eingescannt.

    • Für das dann folgende Rollout in andere Bereiche stehen die Mitarbeitenden der Personal- und Organisationsabteilung mit ihren Erfahrungen als Multiplikatoren zur Verfügung


  • Rollout (DMS)

Ein Rollout nach der Pilotphase in andere Abteilungen ist für 2021 als Möglichkeit vorgesehen. Infrage kommen Geschäftsfelder, die durch Fallakten geprägt sind und eine hohe Bedeutung für die Nutzer der elektronischen Portallösungen haben. Dies ist z. B. beim Wohngeld, der Beitragsberechnung Kindergarten/OGS und der Gewerbe-steuerveranlagung der Fall.


  • Digitalisierung der Stätteakten (Ausführung durch Dienstleister)

Als umfangreiches Einzelprojekt des DMS ist die Digitalisierung der rd. 7.500 Stätteakten anzusehen. Aktuell werden die Rahmenbedingungen für die Beauftragung einer solchen Dienstleistung erfasst. Vorbehaltlich der Sicherstellung der Projektfinanzierung wird eine Ausschreibung noch in 2021 angestrebt.


  • Beschaffung von Scannern und zusätzlichen bzw. größeren Bildschirmen etc.

Mit der fortschreitenden Digitalisierung unabdingbar verbunden ist die Beschaffung des hierzu erforderlichen Equipments. Eine entsprechende Planung erfolgt für 2022 ff.


  • Anpassung des Konzepts für Bürodrucker und Kopiergeräte

Ebenfalls mit der fortschreitenden Digitalisierung ist die Neuausrichtung der Beschaffung bzw. Weiternutzung der bisherigen Druck- und Kopiertechnik verbunden.


  • Digitalisierung der Schulen

Im Zusammenhang mit der massiven Förderung der Digitalausstattung der Schulen wurde bzw. wird aktuell in folgende Bereiche investiert:

    • Endgeräte (Tabletts, Laptops, Smartboards, Beamer etc.)

    • Netzwerkverkabelung

    • WiFi – Access Points

    • Glasfaseranschluss

    • Schul-Administration


  • E-Bezahlmöglichkeiten

Aktuell werden weitergehende Bezahlmöglichkeiten für das Bürgerbüro und das

Personenstandswesen geprüft.


  • Leistungen gemäß OZG

Real ist die An- und Abmeldung der Hundehaltung möglich. Die Anforderung von Urkunden

im Personenstandswesen sowie der Prozess der Meldeauskünfte ist in der Planung.


  • E-Postversand

Aktuell werden die Rahmenbedingungen eines E-Postversands geprüft. Ein zeitnaher

Testlauf ist vorgesehen.


  • Verpflichtender elektronischer Rechtsverkehr von Behörden mit der Gerichtsbarkeit

Die ab 01.01.2022 eintretende Verpflichtung ist bereits durch De-Mail und virtuelle

Poststelle sichergestellt. Der Betrieb des besonderen elektronischen Behördenpostfachs

ist beantragt.


  • Home-Office / mobiles Arbeiten

Eine weitere Ausprägung der zunehmenden Digitalisierung ist das „Arbeiten im Homeoffice“. Hierbei handelt es sich nicht um einen krisenbedingten Trend des Arbeitens, sondern um eine Arbeitsform die zunehmend eingefordert wird.

Die Gemeinde Reichshof hat das Potential dieser Arbeitsform erkannt und durfte während der Lockdowns bereits wichtige Erkenntnisse gewinnen.

Aktuell werden die Beschreibungen von Rahmenbedingungen für die Erstellung einer entsprechenden Dienstvereinbarung anhand der bereits gewonnen Erkenntnisse und Erfahrungen von anderen Kommunen im Oberbergischen Kreis vorbereitet. Ebenfalls wird eine Zukunftsvision zur Digitalisierung der Gemeinde Reichshof erstellt, wo entsprechende Ziele und Strategien zur Umsetzung von unter anderem „Home-Office“ festgehalten werden.

Grundvoraussetzung für die Ausgestaltung dieser für Reichshof neuen Arbeitsform ist neben den arbeitsschutzrechtlichen Belangen wiederum die Digitalisierung der jeweiligen Schlüsselprozesse um auf Dokumente zugreifen, Anträge bearbeiten und Vorgänge abschließen zu können.





  • Geoinformationssystem (GIS)

Die Gemeinde Reichshof setzt seit 2002 ein Geoinformationssystem ein, in dem Geo-Grafische Objekte mit diversen dazugehörigen Daten verknüpft werden, die von den Sachbearbeitern selbst gepflegt werden (kein Kostenaufwand und kein Zeitversatz durch den Einsatz von Planungsbüros).

Das System wird laufend weiterentwickelt und um weitere Einsatzfelder ergänzt. Die Daten verschaffen den Mitarbeitern, mitarbeitenden Firmen und Bürgern erhebliche Mehrwerte.

Wir erreichen dadurch kürzere Zeiten bei einer übersichtlicheren Informationsbereitstellung und eine rationellere, bessere abteilungs- und organisationsübergreifende Zusammenarbeit.

Auswertungsmöglichkeiten und Kombinationsmöglichkeiten der Daten sorgen für bessere Transparenz und Übersichtlichkeit.

Beispiele:

    • Katasterauszüge (auch elektronischer Versand an Bürger)

    • Wahlen (Bezirkseinteilungen)

    • Straßen / Straßenabschnitte

    • Hausnummernvergabe

    • Satzungen

    • Bebauungspläne

    • Flächennutzungspläne

    • Schilderkataster

    • Aufbruchkataster

    • Wasserversorgungs-Systeme (Haltungen, Hydranten, sonstige Wasserlieferanten, Schieber usw.)

    • Löschwasserabdeckung (Mengen/Fläche, Wasserlieferanten)

    • Abwasserentsorgungs-Systeme (Schächte, Haltungen, usw.)

    • Einleitungsstellen

    • Gemeindeeigene Grundstücke (Mit Anbindung an die Anlagenverwaltung)

    • Schulbusstrecken

    • Schulbezirke


Außerdem wird das Gis-System für viele zeitlich begrenzte Sonderprojekte wie z.B. Breitbandversorgung eingesetzt.


1 Wikipediaeintrag


Der Gemeinderat berät den Bericht der Verwaltung.


Gemeindekämmerer Dresbach erläutert den Bericht der Verwaltung zu den E-Government Aktivitäten der Gemeinde Reichshof. Er betont dabei, dass die Gemeinde Reichshof die gesetzlichen Vorgaben erfüllen wird, sobald die technischen Vorausstzungen erfüllt sind. Die Verwaltung ist allerdings jetzt schon als moderner Dienstleister anzusehen. Aktuell beschäftigt sich die Verwaltung damit, einen geeigneten Anbieter für die Umsetzung des Onlinezugangsgesetztes zu finden.


Es schließt sich eine Aussprache an.


Die Verwaltung wird beauftragt dem Rat der Gemeinde Reichshof in einer der nächsten Sitzungen die Strategie für die Umsetzung der gesetzlichen Verpflichtung vorzustellen.