Sachverhalt:


Die Straße „Blockhaus“ ist eine außerörtliche Gemeindestraße, die durch das Ski- und Wandergebiet Reichshof führt und dementsprechend regelmäßig von Touristen genutzt wird.


Da es sich bei der genannten Straße um eine außerörtliche Gemeindestraße handelt, gilt dort eine zulässige Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h. Gehwege sind in der Örtlichkeit nicht vorhanden, sodass Fußgänger und Radfahrer die Straße nutzen müssen um das o.g. Gebiet zu durchqueren.


Um die Gefahr für die Anwohner und Besucher des Gebietes zu verringern, beantragten die Anwohner und Anlieger der Straße „Blockhaus“ eine Geschwindigkeitsreduzierung auf 30 km/h.

Alle Anlieger der Straße „Blockhaus“ erklären sich schriftlich mit der Einrichtung der beschriebenen Geschwindigkeitsreduzierung auf 30 km/h einverstanden.


Reduzierung auf 30 km/h


Gem. § 45 Abs. 1c S. 2 StVO darf sich eine Tempo 30-Zone nicht über Straßen des überörtlichen Verkehrs, noch auf weitere Vorfahrtstraßen erstrecken. Da in Tempo 30-Zonen generell die Vorfahrtsregelung „rechts-vor-links“ herrscht, kann eine solche Vorfahrtstraße wie die Straße „Blockhaus“ nicht herabgestuft werden. Weiterhin kommen diese Zonen nur dort in Betracht, wo der Durchgangsverkehr von geringer Bedeutung ist. Da es sich bei der Straße „Blockhaus“ um die Verbindungsstraße zwischen den Ortschaften „Blockhaus“ und „Tillkausen“ handelt, hat diese eine hohe Bedeutung für den Durchgangsverkehr und kann somit nicht herabgestuft werden.


Die Voraussetzungen zur Anordnung einer Tempo 30-Zone liegen demnach nicht vor.


Voraussetzung zur Anordnung des Zeichens 274 StVO (zulässige Höchstgeschwindigkeit) auf Grund von Geschwindigkeitsüberschreitung


Generell gilt für die Zeichen 274 (Höchstgeschwindigkeit) gem. StVO, dass diese nur auf bestehenden Straßen angeordnet werden, wenn Unfalluntersuchungen ergeben haben, dass häufig geschwindigkeitsbedingte Unfälle aufgetreten sind.

Nach Auswertung der Unfallstatistik durch die Kreispolizeibehörde vom 31.07.2020, ergab sich, dass sich auf dieser Strecke über ca. 3 Kilometer, innerhalb von 3,5 Jahren, 4 Verkehrsunfälle der Kategorie 3 (Unfall mit Leichtverletzten) und 2 (Unfall mit Schwerverletzten) ereigneten. Die Unfalltypen und Unfallursachen waren durchgängig unterschiedlich und lassen sich daher nicht auf die erlaubte Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h oder deren Überschreitung zurückführen. Es gab keine Beteilung von Fußgängern oder Radfahrern.


Für eine Anordnung der Zeichen 274 StVO (zulässige Höchstgeschwindigkeit) auf Grund von Geschwindigkeitsüberschreitungen ist zusätzlich Voraussetzung, dass die geltende Höchstgeschwindigkeit von der Mehrheit der Kraftfahrer nicht eingehalten wird. Im anderen Fall muss die derzeit geltende zulässige Höchstgeschwindigkeit beibehalten werden. Diese wäre im vorliegenden Fall die Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h.


In dem gewünschten Bereich wurden zwei Verkehrsmessungen durchgeführt.

Die erste Messung wurde Anfang April 2020 durchgeführt. Hier betrug die durchschnittliche Geschwindigkeit 38 km/h. Die Grenzgeschwindigkeit der ersten 85 % der Fahrzeuge lag bei 56 km/h. Auf Grund der Einschränkungen der Corona-Maßnahmen war hier nur eine geringe Verkehrsteilnehmerzahl zu verzeichnen. Die zweite Messung wurde Ende Juni 2020 durchgeführt, die durchschnittliche Geschwindigkeit lag zu diesem Zeitpunkt bei 48 km/h und die Grenzgeschwindigkeit der ersten 85 % der Fahrzeuge bei 66 km/h. Die maximale Höchstgeschwindigkeit wurde nur von einzelnen Fahrzeugführern überstiegen. Dies lässt sich jedoch trotz Geschwindigkeitsreduzierung meist nicht vermeiden. Die geltende zulässige Höchstgeschwindigkeit wurde somit von der Mehrheit der Kraftfahrer eingehalten.


Die Anordnung einer Geschwindigkeitsreduzierung auf Grund von Geschwindigkeitsüberschreitung ist daher nicht möglich.


Weitere rechtliche Möglichkeiten


Außerhalb geschlossener Ortschaften können Geschwindigkeitsbeschränkungen erforderlich sein, wo Fahrzeugführer insbesondere in Kurven, auf Gefällstrecken und an Stellen mit besonders unebener Fahrbahn, ihre Geschwindigkeit nicht den Straßenverhältnissen anpassen; die zulässige Höchstgeschwindigkeit soll dann auf die Geschwindigkeit festgelegt werden, die vorher von 85 % der Fahrzeugführer ohne Geschwindigkeitsbeschränkungen, ohne überwachende Polizeibeamte und ohne Behinderung durch andere Fahrzeuge eingehalten wurde.

Dies trifft auf der Straße „Blockhaus“ nicht zu.


Weiterhin können Geschwindigkeitsbeschränkungen außerörtlich angeordnet werden, wo Fußgänger oder Radfahrer im Längs- oder Querverkehr in besonderer Weise gefährdet sind; die zulässige Höchstgeschwindigkeit soll auf diesen Abschnitten in der Regel 70 km/h nicht übersteigen.


Im vorliegenden Fall wäre somit die Geschwindigkeitsreduzierung auf 70 km/h rechtlich vertretbar, auch wenn 85 % der Fahrzeugführer von sich aus ohne Geschwindigkeitsbeschränkungen, ohne überwachende Polizeibeamte und ohne Behinderung durch andere Fahrzeuge eine Geschwindigkeit von nur durchschnittlich 66 km/h erreicht haben.


Die Anordnung einer Reduzierung auf eine geringere Geschwindigkeit ist rechtlich nicht begründbar.


Stellungnahme der Kreispolizeibehörde


Die Verkehrsmessungen, sowie der Antrag der Anwohner wurde an die Kreispolizeibehörde weitergeleitet, da diese Stellung zu der gewünschten Geschwindigkeitsreduzierung nehmen muss.


Nach Sichtung der Unfallstatistik und der durchgeführten Verkehrsmessungen besteht aus Sicht der Kreispolizeibehörde im Bezug auf die Verkehrssicherheit keine Notwendigkeit und Begründung zur Reduzierung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit.


Auf Grund der übermäßigen Nutzung der Straße „Blockhaus“ durch Fußgänger oder Radfahrer im Längs- oder Querverkehr schlägt die Verwaltung jedoch vor, eine Geschwindigkeitsbeschränkung von 70 km/h durch die Anordnung der entsprechenden Verkehrszeichen auf dem außerörtlichen Teil der Straße „Blockhaus“ zwischen Reichshof-Blockhaus und -Tillkausen zu beschließen.


Die Situation sollte weiterhin beobachtet und regelmäßig durch Geschwindigkeitsmessungen überwacht werden.



Anlagen:


1. Antrag der Anwohner

2a. Verkehrsmessungen

2b. Verkehrsmessungen

3. Stellungnahme der Kreispolizeibehörde



  1. Der Bau-, Planungs-, Verkehrs- und Umweltausschuss beschließt die Geschwindigkeitsreduzierung auf 70 km/h auf der Straße „Blockhaus“ zwischen Reichshof-Blockhaus und -Tillkausen und beauftragt die Verwaltung die entsprechenden Verkehrs-zeichen zur Geschwindigkeitsreduzierung auf 70 km/h der Straße „Blockhaus“ zwischen Reichshof-Blockhaus und -Tillkausen anzuordnen.


oder



  1. Der Bau-, Planungs-, Verkehrs- und Umweltausschuss lehnt die Geschwindigkeitsreduzierung der Straße „Blockhaus“ zwischen Reichshof-Blockhaus und -Tillkausen ab.


Es wird folgender Beschluss gefasst:

Der Bau-, Planungs-, Verkehrs- und Umweltausschuss beschließt die Geschwindigkeitsreduzierung auf 70 km/h auf der Straße „Blockhaus“ zwischen Reichshof-Blockhaus und -Tillkausen und beauftragt die Verwaltung die entsprechenden Verkehrs-zeichen zur Geschwindigkeitsreduzierung auf 70 km/h der Straße „Blockhaus“ zwischen Reichshof-Blockhaus und -Tillkausen anzuordnen.


Herr Webel erläutert die Vorlage.


Es schließt sich eine Aussprache an.


Ausschussvorsitzender Oettershagen lässt über den Beschlussvorschlag a) abstimmen.


Abstimmungsergebnis:


Dafür:

18

dagegen:

0

Enthaltung:

0