Sachverhalt:

Im Rahmen des Beteiligungsverfahrens zur Aufstellung des Nahverkehrsplanes für den Oberbergischen Kreis haben die dreizehn Oberbergischen Kommunen über 200 Anregungen vorgebracht, die in die Nahverkehrsplanung einfließen sollen.


Mit Schreiben vom 24.02.2017, das als Anlage beigefügt ist, bittet der Oberbergische Kreis um eine Priorisierung der kommunalen Anregungen bis zum 31.03.2017.


Als Anlage ist die Stellungnahme der Gemeinde Reichshof, die vom Gemeinderat am 28.09.2016 beschlossen wurde, beigefügt.


Die Verwaltung bittet um Beratung und Festlegung von Prioritäten der Reichshofer Anregungen zum Entwurf des Nahverkehrsplanes.


Der Bau-, Planungs-, Verkehrs- und Umweltausschuss nimmt eine Priorisierung der mit Ratsbeschluss vom 28.09.2016 verabschiedeten Anregungen zum Entwurf des Nahverkehrsplanes des Oberbergischen Kreises vor.


Es wird folgender Beschluss gefasst:

Der Bau-, Planungs-, Verkehrs- und Umweltausschuss nimmt eine Priorisierung der mit Ratsbeschluss vom 28.09.2016 verabschiedeten Anregungen zum Entwurf des Nahverkehrsplanes des Oberbergischen Kreises vor.


Die Gemeinde Reichshof begrüßt die Fortschreibung des Nahverkehrsplanes aufgrund neuer Anforderungen, die sich u.a. aus dem demografischen Wandel und geänderter gesetzlicher Bestimmungen ergeben.

Darüber hinaus sollen die Maßnahmen und Projekte des Nahverkehrsplanes möglichst allen Gruppen der Bevölkerung eine Teilhabe am ÖPNV oder alternativen und innovativen Möglichkeiten zur Verbesserung der Mobilität ermöglichen.

Dabei sollen folgende wesentliche Schwerpunkte gesetzt werden:

Klarere Struktur der Angebote im ÖPNV, angepasst an die jeweiligen Mobilitätszwecke sowie auf die zu erwartenden Nachfragepotenziale.


Testen innovativer Angebote im Zuge eines Mobilitätskonzeptes, das über den klassischen öffentlichen Nahverkehr hinausgeht, um neue Zielgruppen zu erreichen, den Tourismus zu fördern, die Nahversorgung zu gewährleisten und Mobilitätshemmnisse zu überwinden.

Ein zweiter besonders wichtiger Punkt ist die Schaffung der Barrierefreiheit.

Zwar ist dies bereits Schwerpunkt der Qualitätsanforderungen, die der Oberbergische Kreis bislang schon an den ÖPNV gestellt hat, mit dem Nahverkehrsplan soll dies jedoch auf alle Bereiche des ÖPNV ausgedehnt werden. Insbesondere die Haltestellen werden besonders in den Fokus genommen.

Die Gemeinde Reichshof ist sehr daran interessiert, eine ergebnisoffene Prüfung der vorgeschlagenen Projekte zur Verbesserung der Mobilität (Ziffer 8.3 Seite 110 ff des NVPEntwurfs) gemeinsam mit dem Oberbergischen Kreis durchzuführen und bei Eignung und kostengünstiger Gestaltung für unsere Bevölkerung in den 106 Reichshofer Ortschaften umzusetzen.


Bei allen neuen Maßnahmen und der Prüfung und Modifizierung der vorhandenen Angebote (z.B. beim ÖPNV-Schülertransport und dem Linienbusverkehr) müssen kostengünstige Lösungen gefunden werden, die in ihren Auswirkungen auf abzudeckende Zuschussbedarfe aus dem ÖPNV haushaltsverträglich auf Kreis- und Gemeindeebene zu realisieren sind. Insbesondere ist im Rahmen der Gesellschaftervereinbarung zwischen den Gesellschaftern der Oberbergischen Verkehrsgesellschaft mbH zukünftig sicher zu stellen, dass die durch den morgendlichen Schülertransport verursachten hohen Kosten auch tatsächlich kostendeckend in der vereinbarten Preiskalkulation der Selbstkosten, die dem Auftraggeber (Gesellschafter) berechnet werden, enthalten ist.



Priorisierung 1:

Spezielle Anmerkung zu den Vorschlägen zur Veränderung der

ÖPNV-Linie 303 - Gummersbach – Eckenhagen - Windfus - Denklingen – Waldbröl


Die vorgeschlagene Veränderung auf der Linie 303 wird auch unter Berücksichtigung des Schriftverkehrs mit dem Oberbergischen Kreis vom 25.08.2016 kritisch und zunächst als nicht zielführend angesehen.


Die Linie 303 verbindet von Gummersbach kommend bisher die Siedlungsschwerpunkte Eckenhagen mit Wildbergerhütte und führt dann weiter bis in die Stadt Waldbröl. Eine Veränderung der Zuordnung von Streckenteilen des ÖPNV ins Primärnetz und Sekundärnetz darf nicht zu Nachteilen bei der Anbindung der Ortschaften von Eckenhagen nach Wildbergerhütte und weiter bis Waldbröl führen.


Hier wäre seitens des OBK bzw. des Planungsbüros der Nachweis zur zukünftigen Streckenführung darzulegen und deren Auswirkungen (Vor- und Nachteile).

Eine Veränderung der Linie 303 dahingehend, dass die ÖPNV-Linie von Eckenhagen über die Haltestelle Windfus (Die Haltestelle liegt an der Landstraße am Abzweig in Richtung der Ortschaft Windfus) dann wohlmöglich über Buchen, Obersteimel, Heischeid nach Brüchermühle/Denklingen und weiter nach Waldbröl führen soll, ist nicht nachvollziehbar und daher aus Reichshofer Sicht abzulehnen.


Die Linie 322 bedient aktuell die Verbindung Eckenhagen – Denklingen und zurück und führt durch die Ortschaft Sinspert (mit rd. 670 Einwohnern).


Bei der im NVP-Entwurf vorgeschlagenen Veränderung der Linie 303 würde der Ort Sinspert nicht mehr direkt vom ÖPNV angefahren.

Zur Fortführung, Aufgabe oder Veränderung der Linie 322 trifft der NVP-Entwurf keine Aussagen.

Es bedarf daher weiterer Diskussionen mit dem OBK und dem Planungsbüro über die zukünftige Ausrichtung der Linien 303 und 322.


Die im NVP-Entwurf dargelegten Vorschläge zur Linie 303 sind nicht plausibel und werden daher in der jetzigen unzureichenden Ausgestaltung und Beschreibung im NVP-Entwurf von der Gemeinde Reichshof abgelehnt.


Auf Antrag der Fraktionen von CDU und SPD wird an den Oberbergischen Kreis der erweiterte Prüfauftrag gerichtet, im Rahmen des weiteren Verfahrens zur Aufstellung des Nahverkehrsplanes eine Anbindung des ÖPNV in die angrenzenden Kommunen des Sauerlandes, des Siegerlandes und des Märkischen Kreises zu untersuchen. Weiterhin soll eine entsprechende Prüfung für eine ÖPNV-Anbindung des Siedlungsschwerpunktes Reichshof-Wildbergerhütte an den Raum Olpe/Wenden und an die Stadt Wiehl geprüft werden.



Priorisierung 2:

Auf Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN wird weiterhin beschlossen:


a) Alternativen zum MIV im ländlichen Raum


a1) Bike & Ride

Eine wachsende Anzahl Verkehrsteilnehmer legen Zubringerstrecken zum ÖPNV per Fahrrad zurück. Fahrradstellplätze erfordern weniger Platz als Autostellplätze und ließen sich auch an manchen Bushaltestellen einrichten.


a2) Fahrradmitnahme (auch e-bike, segway ode sonstige mobilitätsunterstützende Geräte, insbesondere auch für ältere, bzw. mobilitätseingeschänkte Menschen).

Es sollen Optionen zur Mitnahme der o.g. Objeke in Fahrzeugen des ÖPNV geprüft und diese, wo möglich und sinnvoll, auch umgesetzt werden.


a3) Park & Ride

Es sollte geprüft werden, ob und welche Buslinien/-haltestellen sich für P & R eignen. Bisher ist man davon ausgegangen, dass P & R nur an Bahnlinien interessant ist.


Es existieren hierzu sowohl Praxisbeispiele als auch Erfahrungsberichte aus Pilotprojekten, Studien und Handreichungen. Der Nahverkehrsplan sollte daher auch ein Konzept/Umsetzungsvorschläge für die genanten Punkte enthalten.


b) Bestehendes ÖPNV-Angebot im ländlichen Raum verbessern


b1) Zusätzlich erprobte ÖPNV-Angebote

Den veränderten Rahmenbedingungen der Arbeits- und Freizeitgestaltung, u.a. dem stetig ansteigenden Anteil an (Berufs)Pendlern gerade auch im ländlichen Raum, sollte, wo möglich, auch das ÖPNV-Angebot angepasst werden. Dies betrifft neben der bestehenden bzw. neu zu gestalteten allgemeinen ÖPNV-Struktur (wie Netzdifferenzen und räumliche Linienführung) aber auch Taktzeiten, Tarifgestaltung und regionale/lokale Sonderbedingungen, zu denen gesonderte Vorschläge erarbeitet werden sollten.


Als ein Beispiel sei genannt, Neubürgern mit Sonderangeboten den Einstieg in den ÖPNV zu erleichtern bzw. die unter a) genannten Aspekte durch entsprechende Tarifgestaltung zu attraktivieren/fördern.

Ein weiteres Beispiel betrifft die Alternativen zum klassischen job-ticket, die beispielsweise in Vorbildfunkion von Kommunen genutzt und deutlicher bekannt gemacht werden sollten, wie z.B. das Abo-Ticket Formel9 des VRS.


c) Innovative Maßnahmen / Pilotprojekten



Der Nahverkehrsplan kann als richtungsweisende Vorgabe für den ÖPNV der nächsten 5 bis 10 Jahre nicht allein auf einer rein kostenbezogenen Optimierung des bestehenden Angebots/Liniennetzes beruhen, sondern muss grundsätzlich auch künftige Tendenzen demographischer, gesamtgesellschaftlicher und wirtschaftlicher Entwicklung berücksichtigen, insbesondere für die Region sowie ihre spezifischen überörtlichen und lokalen Ausprägung. In diesem Sinne sollten andernorts bereits erprobte und bewährte vergleichbare Zusatzangebote einbezogen werden, zu denen beispielsweise neben den oben genannten auch die im Entwurf unter 8.2 aufgeführten job-ticket/Abo-Tickets für bestimmte Nutzerkreise, Anruf-Bürgerbus, Kombibusse, Mobilstationen und u.U. Dorfautos gehören.

Dass diese Zusatzangebote, welche sowohl auf den geänderten Mobilitätsbedarf als auch auf das sich zunehmend ändernde Mobilitätsverhalten speziell im ländlichen Raum eingehen, eine verstärkte Nachfrage generieren, ist vielfach belegt.

Das beste Beispiel hierfür ist die immer weiter wachsende Anzahl von Bürgerbusvereinen, die in allerdings bislang sehr unterschiedlichen Modellen bereits einen Teil des immer weiter reduzierten ÖPNV-Angebots besonders in ländlichen Flächenkommunen ohne einwohnerstarken Hauptort und/oder mehreren Siedlungsschwerpunkten auffangen – das jedoch in überwiegend ehrenamtlicher Arbeit.


Es kann nicht sein, das hier orginäre Aufgaben des ÖPNV/der öffentlichen Hand bzw. deren Finanzierung auf die Schultern von ehrenamtlich tätigen Bürgerinnen und Bürgern abgewälzt wird.


Daher gehören solche für eine zukunftsfähige Mobilität im ländlichen Raum unabdingbaren Alternativen in die Nahverkehrsplanung (und deren Finanzierung) der kommenden 5 bis 10 Jahre verankert und können nur im regionalen Kontext, auch mit Blick auf die ÖPNV-Strukturen /-angebote der Nachbarregionen bzw. -Kreise erfolgversprechend etabliert werden.


Eine probeweise Einführung über kommunale Insellösungen (wie im Entwurf des NVP vorgeschlagen), die

- mit unzureichender finanzieller Ausstattung, langwieriger (mehrjähriger) Evaluation und mangelnder Expertise vieler für deren Durchführung zuständiger Kommunen belastet ist.

- an den Gemeindegrenzen Halt macht, nicht in die genannte Gesamtbetrachtung einbezogen wird,

- möglicherweise noch durch ehrenamtliche Tätigkeit mitfinanziert werden soll,


ist vor dem Hintergrund bereits vorliegender Praxis und der Erfordernis eines möglichst zügigen Mobilitätswandels – als Bestandteil der Daseinsvorsorge – weder nachvollziehbar noch begründet.


Die zweckmäßige Prüfung resp. Etablierung der unter a), b) und c) genannten Aspekte sollte daher als inhaltliche und kostenrelevante Aufgabe des ÖPNV bzw. als dementsprechender Bestandteil im NVP Oberberg festgeschrieben werden.


Bürgermeister Gennies erläutert die Vorlage. Er unterbreitet den Ausschussmitgliedern den Vorschlag, als erste Priorisierung den ÖPNV Verkehr der Linie 303 festzulegen und als zweite Priorisierung die weiteren Punkte aus dem Ratsbeschluss vom 28.09.2016.


Es schließt sich eine Aussprache an.


Weitere Priorisierungsvorschläge werden nicht gemacht.


Ausschussvorsitzender Oettershagen ruft zur Abstimmung über den Vorschlag von Bürgermeister Gennies auf.


Abstimmungsergebnis:


Dafür:

18

dagegen:

1

Enthaltung:

0